Ich wünsche Ihnen viel Pesch im Leben

Ich habe ein neues Hobby: Verkaufsgespräche führen. Genauer gesagt: Verkaufschats.
Eigentlich dachte ich ja, dass mein neues Hobby darin bestehen würde zu entrümpeln und meine zu entrümpelnden Gegenstände zu verkaufen. Aber irgendwie hat sich da so eine Eigendynamik entwickelt, dass ich doch deutlich mehr kommuniziere, als wirklich etwas zu verkaufen.

Aber der Reihe nach. Ich habe neulich mal festgestellt, dass ich doch eine ganze Menge Gegenstände besitze, die ich wirklich nie benutze. Erschütternderweise habe ich sogar festgestellt, dass ich Gegenstände besitze, deren Existenz ich vollkommen vergessen habe. Darunter auch eine niegelnagelneue, originalverpackte Funkuhr. Wirklich sehr ärgerlich, denn nach genau so einer Uhr habe ich vor ein paar Monaten wochenlang recherchiert, bis ich dann endlich eine gekauft habe. Es fällt mir daher auch ein klein wenig schwer sie zu verkaufen, aber wie es ausschaut, werde ich sie sowieso mangels Kaufinteresse behalten.

Und wie das bei solchen ungenutzen Gegenständen so ist, sie einfach zu entsorgen, dazu sind sie viel zu schade. Und nur weil ich sie nicht benutze, heißt das ja noch lange nicht, dass da draußen nicht doch jemand ist, der genau dieses Gerät gebrauchen kann.
Und hier beginnt das Problem: Ich musste jetzt schon mehrmals feststellen, dass ich wirklich keine Ahnung habe, was die Welt da draußen begeistert.

Ich besitze ein Handy, weit entfernt von einem Smartphone, bei dem ich auch gestaunt habe, dass ich es noch besitze. Noch mehr gestaunt habe ich allerdings, dass genau dieses olle Modell noch NEU bei Amazon angeboten wird, für 100 Euro. Während ich mich also gerade noch geärgert habe, dass ich die Handyspendentüten entsorgt habe, stelle ich im nächsten Moment fest, dass ich da noch ein echtes Schätzchen in meiner Wohnung liegen habe.
Dieses „Wechselbad der Werteinschätzung“ hatte ich bei mehreren meiner Gegenstände. Aus „kann ich das überhaupt noch jemandem anbieten“, werden nach einer Recherche im Internet „Raritäten“. Besonders beeindruckt haben mich hier Tassen, die ich selber sehr hübsch finde, aber wegen ihrer kleinen Größe nicht nutze. Die hatte ich offensichtlich zu günstig angeboten (wer kauft schon solche Tassen ohne Untertassen?). Ich hatte sehr viele Anfragen und habe sie ganz schnell verkauft. Im Gegensatz zu dem vollständigen Service, zu dem ich noch keine einzige Anfrage hatte.

Diese Anfragen tragen erheblich zu diesem Wechselbad bei. Während ich bei einem Rucksack gerade noch überlegt habe, ob ich den Preis vielleicht doch senken sollte, kommt eine Anfrage herein, die schon in einer Verabredung mündete. Gut, dass ich den Preis nicht gesenkt hatte. Und dann kommt die Absage. Also, vielleicht doch den Preis senken?

Gestern jedoch war der absolute Highlighttag. Ich hatte einen Interessenten für mein altes Handy. Die Kommunikation fing schon sehr vielversprechend an: „Ich habe Interesse“. Das hat mich natürlich sehr gefreut. Der Käufer wollte im Laufe des schriftlichen Gesprächs unbedingt meine Handynummer haben. Da er sich dann aber bereits schriftlich mit mir verabredet hatte, und noch am gleichen Tag vorbeikommen wollte, sah ich keine Notwendigkeit mit ihm zu telefonieren. Mein Argument, dass ich nicht gerne telefonieren und daher mein Handy ja auch verkaufen wolle, schien ihn nicht wirklich zu überzeugen.
Parallel dazu kommunizierte ich mit einem Interessenten für mein Musikabspielgerät. Schon sehr lange benutze ich es nicht mehr, aber nun, wo ich es zufällig wiedergefunden, aufgeladen und angeguckt habe, finde ich es doch wieder sehr schön. Dieser Interessent wollte nicht vorbeikommen, sondern, dass ich ihm das Gerät zuschicke. Ich finde das mit dem Versand ja eigentlich viel zu mühsam, andererseits fällt der Gruselfaktor weg: Wer wird da bald in meine Wohnung kommen wollen? Der Preis, den er mir inklusive Versand anbot lag jedoch zu stark unter dem Preis, den ich ohne Versand haben wollte. Ich empörte mich und wies daraufhin, dass der Versand 7 Euro kosten würde. Und das hat der Mann bis heute nicht verkraftet.
Er echauffierte sich unglaublich und konnte nicht fassen, dass ich (seiner Meinung nach) die anderen viel günstigeren Anbieter nicht kennen würde und unterstellte mir, dass ich zu bequem sei in einen Tabakladen zu gehen. Zudem versuchte er mir mit verwirrenden Rechnungen nachzuweisen, dass ich teurer werden würde. Dabei blieb ich bei meinem Angebot und wies ihn daraufhin, dass ihm doch eigentlich egal sein könnte, mit welchem Anbieter ich das Gerät verschicken würde. Zwischendurch meldete sich ein anderer Interessent, was es mir noch leichter machte nicht von meinem Preisvorschlag abzurücken. Mittlerweile haben wir dreiundvierzig Textnachrichten ausgetauscht und ein Ende ist nicht absehbar. Dass er mein Gerät schlussendlich kaufen wird, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Der potentielle Handykäufer hingegen behauptete gestern, dass er bereits vor meiner Tür stehen würde. Da stand allerdings niemand. Ich hatte mich ja auch schon ein klein wenig gewundert, wie er so schnell bei mir sein konnte. Nach einigem Hin und Her, ob ich denn nicht nun doch mal meine Handynummer herausgeben würde und dass er meinen Namen nicht am Klingelschild finden würde, stellte sich heraus, dass er in einem falschen Bezirk in der falschen Straße stand. Seltsam, denn er hatte den richtigen Straßennamen angegeben, als er behauptete, dass er da sowieso ganz in der Nähe sein würde. Ich bin nicht sicher, ob die ganze Aktion ein Fake war und irgendwie dazu diente an meine Hndynummer zu kommen (aber was hätte er davon gehabt?). Er war sich jedenfalls sicher, dass ich ihn irgendwie reingelegt hatte. Und wollte das Handy nun doch nicht mehr von mir kaufen.

Praktischerweise kam heute eine weitere Anfrage. Und dank, des Hinweises des Musikplayerinteressierten (s.o.) kenne ich ja nun auch noch die günstigeren Versand-Alternativen, die ich vorher tatsächlich nicht im Blick hatte.

Schade ist nur, dass ich dem gescheiterten Handyverkäufer nicht werde klarmachen können, dass ich nicht ich schuld bin an seinem Elend, sondern er selbst.
Aber dass wird er wohl nicht verstehen, er, der die richtige Adresse kannte und dennoch zur falschen fuhr. Er, der mir zum Abschied „viel Pesch“ in meinem Leben wünschte. Aber ein wenig Pesch kann man bestimmt gebrauchen im Leben.

Jetzt muss ich erst einmal weiterchatten mit meinem Lieblingseventuell-Käufer.

 

 

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